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Wir trauern um Siegfried Matthus

Mit Klatschchören feierte das Cottbuser Publikum am 19. Oktober 2019 die Uraufführung von Siegfried Matthus‘ neuester Oper „Effi Briest“. In seiner Vertonung des wohl berühmtesten Romans von Theodor Fontane hatte sich der Komponist im Fontane-Jahr ein weiteres Mal der Mark Brandenburg, ihren Persönlichkeiten und Geschichten zugewandt. Geboren 1934 im ostpreußischen Mallenuppen floh Matthus 1944 mit seiner Familie Richtung Westen. In Läsikow im Landkreis Ruppin wurden die Eltern Neubauern, Siegfried Matthus besuchte in Rheinsberg die Oberschule. Von Hause aus musikalisch, übernahm er in der zwölften Klasse die Leitung des Schulchors und komponierte in dieser Funktion erstmals eigene Werke. Es folgte von 1952 bis 1958 ein Studium der Chor- und Ensembleleitung an der Deutschen Hochschule für Musik in Ost-Berlin sowie ab 1956 ein Kompositionsstudium bei Rudolf Wagner-Régeny, bevor Matthus 1958 Meisterschüler von Hanns Eisler wurde. Nach ersten Erfolgen als freischaffender Komponist holte Walter Felsenstein ihn 1964 an die Komische Oper Berlin. Als Dramaturg, Berater für zeitgenössische Musik und Hauskomponist prägte Matthus hier über lange Jahre das Profil des Hauses, komponierte eigene Werke und übernahm parallel dazu bald eigene Meisterklassen an der Akademie der Künste. In von ihm geleiteten Gesprächsreihen machte er sich um die Vermittlung musikalischer Inhalte verdient. 1985 erging die Berufung zum Professor für Komposition. In seiner Zeit an der Komischen Oper schloss Matthus auch Freundschaft mit dem späteren Intendanten der Deutschen Oper Berlin Götz Friedrich und dem Dirigenten Kurt Masur – lebenslange künstlerische und menschliche Verbindungen, die im Wirken dieser drei Künstlerpersönlichkeiten teils tiefe Spuren hinterlassen haben.

Als einer der meistgespielten Komponisten seiner Generation hatte Siegfried Matthus auch in der Nachwendezeit Erfolg. Er nutzte ihn für die Verwirklichung einer großen Vision: Im Schloss Rheinsberg sollte der Musenhof des Prinzen Heinrich neu entstehen – als Ort der Musik, als Sprungbrett für junge Sängerinnen und Sänger aus aller Welt, als Treffpunkt für Kulturschaffende und Kulturliebende aller Generationen, nicht zuletzt aber auch als Aufführungsort bedeutender Werke des Gründers und künstlerischen Leiters des neuen Festivals, das in den 90er-Jahren schnell zu einer sommerlichen Kulturinstitution ersten Ranges avancierte: Für die Eröffnung der Kammeroper Schloss Rheinsberg komponierte Matthus 1991 seine Oper „Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke“, 1999 wurde mit der Uraufführung seines „Kronprinzen Friedrich“ das wiedererbaute Schlosstheater eingeweiht. Rheinsberg wurde sein Lebenswerk.

Nebenbei fand Matthus Kraft und Inspiration für insgesamt 14 Opern und über 60 Orchesterwerke. Sein Gesamtoeuvre umfasst rund 600 Stücke. Seit 1976 Mitglied der Akademie der Künste in West-Berlin, gehörte Matthus bald auch der Bayrischen Akademie der Schönen Künste München und dem Präsidiums des Goethe Instituts an. 2006 wurde er mit dem Verdienstorden des Landes Brandenburg, 2015 mit dem Großen Verdienstkreuz ausgezeichnet. Doch sein größtes Vermächtnis bleibt sein Einsatz für die Kunst und Kultur seines Wahlheimatbundeslandes Brandenburg, für die Stoffe und Geschichten der Region, den künstlerischen Nachwuchs und das kulturelle Leben weit über Rheinsberg hinaus. Am Freitag, den 27. August, ist Siegfried Matthus nun im Alter von 87 Jahren gestorben.

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